Goodbye Michelle
Als erste schwarze Präsidentengattin hinterlässt Mrs. Obama große Fußstapfen. Schweren Herzens mussten nun die Schlüssel abgegeben werden. Ode an die wahrscheinlich coolste First Lady aller Zeiten.
„Der 20. Januar 2017 wird als der Tag in der Erinnerung bleiben, an dem das Volk wieder zu den Herrschern dieser Nation wurde!“, verkündete der frisch gekürte Zirkusdirektor Trump seinem Fähnchen schwenkenden Publikum und wenig später: „Ihr seid zu Millionen gekommen, um Teil einer historischen Bewegung zu werden, wie sie die Welt noch nie zuvor gesehen hat.“
Unter dem Publikum I-have-a-dream-Plagiator B.Obama und Mother Michelle (deren Gesichter Bände sprachen). Hillary, den Kabinett-Bekannten wie ein aufgeputschtes Rennpferd zugrinsend, während Bills verstohlene Blicke auf Miss Melania zu klagen schienen "I did not have sex with this woman...". Deren himmelblauer Veela-Look überstrahlte vor grauer Himmelsdecke den orangen Taint des stolzgeschwellten Gatten und Löwen-Dompteurin Ivanka gab wie immer die Eisprinzessin. The Show must go one…
Als historisch kann man bei diesem Clownsfestival wohl nur die tragische Tatsache bezeichnen, dass wahrscheinlich mehr Leute zum Demonstrieren als zum Applaudieren kamen. Und dass DJ Moby, welcher Donald Trumps ersten Walzer begleiten sollte, dessen Wunsch mit drei Lauten ausschlug: <Ha - Ha -Ha>.
Aber das ist nun Geschichte. Wie im schlechten Film schwebte dream team Obama im Helikopter davon und wirklich übrig blieb von der einst bis über beide Ohren strahlenden Michelle nur ein tapferes Lächeln. Doch wie bleibt uns diese First Lady in Erinnerung? Übertüncht fortan ihre Leichenbittermiene, welche sie während der Amtseinweihung nur halbherzig zu verstecken mochte? Oder dominiert ihre Klugheit? Ihre dunkle Lache, welche oft in ihren geistreichen Reden mitschwang? Ihre unzähligen Kampagnen, oder unzähligen Kleider?
<You took on a role you didn't ask for and made it your own with grace and grit and style and good humor> dankte Obama seiner Frau in den letzten Tagen seiner Präsidentschaft. Ob mit Ellen im Supermarkt, den Mom Dance mit Jimmy Fallen rockend, oder Single Ladies in James Cordons Auto grölend - für einen Spaß war sich Michelle nie zu schade. Im Handumdrehen hatte ihr Charme sie zum Vorbild junger Amerikanerinnen gekürt und die schönen Stoffe um ihre weiblichen Kurven Trends kreiert. Doch das war nur die eine, die glitzernde Seite der Harvard-Absolventin, die gerne ab und an über tausendfach wiederholte Anekdötchen ihres Mannes, oder ihre Teenage-Töchter witzelte.
Das Herz schien am richtigen Fleck in dieser lässigen Familie, mit den zwei wuscheligen Hunden und dem Zuckerpalast 1600 Pennsylvania Ave NW. Oder ist es nur das harmoniesüchtige Getratsche der Presse, das uns jetzt das Obama Vermächtnis in den schönsten Tönen vorgaukelt? Was hat das erste schwarze Präsidentenpaar letztendlich erreicht, in Washington und dem Rest der Welt?
Der Krieg in Syrien kommt erst richtig in Fahrt, Guantanamo existiert noch immer und die Mittelschicht hat ihren Helden Obama längst begraben. Viele Versprechen sind nicht gehalten worden. Doch was Michelle betrifft, ist doch ein Funke Hoffnung übergesprungen. Jene Hoffnung, dass es sich lohnt, seine Stimme zu erheben und zu kämpfen. Gerade als Mädchen. Ihre persönliche Botschaft, sowie Initiative <Let girls learn> outete sie als waschechte Feministin und rechnete ihr die Fähigkeit an, auch über Amerika’s Tellerrand zu gucken. Nichts da mit "America first….“ Ähnlich wie Jamie Oliver setzte sie sich außerdem für gesünderes Essen in Schulkantinen ein und forderte mit ihrer Kampagne <Let’s move> zu mehr Bewegung auf. Stets mit einem riesigen Grinsen gewappnet, sah jede ihrer Aktionen nach jeder Menge Spaß aus.
Trump und unser aller Zukunft blickt sie nicht minder beherzt entgegen. "When they go low, we go high!“ Als die Presse Trumps zehn Jahre alten Locker Room Talk wieder aufkochte, war eben sie es, die mit “it’s about simple decency“ die richtigen Worte im Nebel fand. Auf Anstand müssen wir in den nächsten vier Jahren wohl oder übel verzichten, aber Frauen wie Michelle Obama oder Merly Streep rufen uns tagtäglich ins Gedächtnis, dass unsere Stimme zählt - wenn wir sie nur nutzen.
“I want our young people to know
that they matter, that they belong. So don’t be afraid. You hear me, young people? Don’t be afraid. Be focused. Be determined. Be hopeful. Be empowered. Empower yourself with a good education. Then get out there and use that education to build a country worthy of your boundless promise. Lead by example with hope, never fear.”
(Michelle Obama)