Ella Purnell
Menschen,
die ihre Träume leben, haben mich schon immer fasziniert. Eine von ihnen ist Fräulein Purnell
Ella Purnell ist ein Mädchen, in das man auch an der Supermarktkasse stolpern könnte. Während man selbst sein Klopapier auf das Rollband stapelte (schließlich ersteht man immer peinliche Dinge, wenn man Leuten begegnet), bezahlte sie wahrscheinlich gerade ihre Kaugummis und quatschte nebenbei in ihr schillerndes Telefon. Nicht zu vergessen ihr quirliger South-London-Akzent und viel Gelächter. So stelle ich es mir jedenfalls vor. Als wahrlich nett, hatte sie die Miss-Vogue-Reporterin Naomi Pike beschrieben und wenn man den Interviews mit der Zwanzigjährigen Neuerscheinung Hollywoods lauscht, glaubt man ihr aufs Wort. Da ist so ein Glitzern in Ella Purnells Augen, das selbst dem Zuschauer in der hintersten Ecke weismacht, dieses Mädchen ist, wo sie sein soll.
Bereits im Kindesalter hatte sie einen meiner absoluten Lieblingsfilme namens <Alles, was wir geben mussten> erleuchtet - ohne im Grunde genommen viel zu tun. Gespielt hatte sie nur die kleine Ruth, die zusammen mit ihren Freunden Tommy und Kathy im Hause Hailsham, einem englischen Internat für geklonte Kinder, aufwächst und für ihre Zukunft als Spender indoktriniert wird. Doch die Mimik ihrer großen, (scheinbar) tiefgründigen Augen spiegelte die höchst philosophisch und traurige Thematik von Kazuo Ishiguro Bestseller so gekonnt wider, dass es völlig egal war, dass ihre kleine Nebenrolle nur den Grundstein für Keira Knightleys Part legte. "At 9, I started taking classes at Sylvia Young Theatre School. One day they asked if I wanted to join their agency. You get in if you're cute, I guess." erklärt sich Ella ihren frühen Erfolg selbst. Wer's glaubt, wird selig...
"I absolutely adore acting
and I wouldn’t be doing it if I didn’t want it, but it’s not the only thing I want to do. I think if you only act for the rest of your life you’re going to go barmy. ” (Ella Purnell)
Als Zwanzigjährige hinter Tim Burton über den roten Teppich zu schreiten, stelle ich mir überweltigend vor. Wahrscheinlich würde ich vom Blitzlichtgewitter einen epileptischen Anfall erleiden (nicht dass das schon mal vorgekommen wäre, aber trotzdem…) und Schlagzeilen als die <Geschockte> machen. Nicht so Ella Purnell. Elegant wie eine Ballerina betrat sie jede ihrer bisherigen Primären mit diesem kleinen, verschmitzten Lächeln auf den Lippen, wobei sie ihr Köpfchen leicht zur Seite legte und ihren Schwanenhals graziös zur Geltung brachte. Wie macht man das, Miss Jahrgang 96??!
Zu Beginn meiner Recherche erfasste mich der Gedanke, Fräulein Purnell wäre ein großer Fan ihrer selbst. Doch als das übliche, blasierte Gehabe ausblieb, kristallisierte sich aus ihrem Auftreten vor allem eins: Spaß.
Ella Purnell liebt, was sie tut und ist als natürliche Folge dessen erfolgreich geworden. Nicht nur, weil sie mit einem Puppengesicht geboren wurde, hervorragend Enten-Geräusche imitiert und eine gesunde Neugierde an den Tag legt. Die Schauspielerei wurde ihr nicht nur in die Wiege gelegt, sondern auch in die Milchflasche gerührt. In anderen Worten, ihre Talente wurden schon früh gefördert und entwickelten sich über die Jahre in eine erquickende Abwechslung neben der Schule. Daher auch dieses Leuchten von innen...?
"I’m blessed with being quite secure."
(Ella Purnell)
Wo ich herkomme, wächst man nicht so auf. In der Schule lernt man alles Notwendige, das Schwarze und Weiße der Wissenskultur, aber für die Grautöne, für die Kreativität, ist keine Zeit. Weder Theater- oder Debattier-Kurse, Schreib-Zirkel, Bücher-Clubs, noch eine Schulmannschaft boten an meinem alten Gymnasium die Gelegenheit, sich auch fern von mathematischen Formeln und Interpretationen auszutoben. Doch brauchen heranwachsende Persönlichkeiten nicht genau das? Aktivitäten, die sie ernsthaft begeistern und ihren späteren Werdegang beeinflussen könnten?! Die sie mit positiver Energie durchströmen und einem bestätigen, dass man doch zu irgendetwas fähig ist?!
Aus meiner eigenen Schulmüdigkeit konnte mich nur mein heiß geliebtes Tagebuch retten. Doch wer weiß? Vielleicht hätte auch ich meinen Leidenschaften schon als Pubertierende Flügel verleihen und vielleicht mehr Standbeine für meine Persönlichkeit schaffen können?! Ella Purnell hat nicht auf den Tag gewartet, an dem ihr Kopf ihr beim Theater-Spielen Steine in den Weg geworfen hat. Ohne sich vom üblichen Kanon Du bist noch zu jung! aufhalten zu lassen, hat sie ihre Leidenschaft, so lang sie denken kann, gelebt und erntet nun die Lorbeeren. Wen wundert es da noch, dass Tim Burton anklopft?!