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Thailands weniger sexy Seite


Kein Land vermarktet sich besser als Thailand. Was mir auf meiner eigenen Entdeckung neben Tempeln und Elefanten jedoch auch begegnete, war ein Paradies auf Abwegen.



Meine Reiselust lotste mich diesen Sommer nach Thailand und zur Krönung meiner Vorfreude ähnelten sich die Kommentare meiner Freunde fast aufs Wort: „Das wird bestimmt geil!“ <Geil> mag ein primitiver Begriff sein für ein Reiseziel mit einer derart blühenden Sexindustrie wie Bangkok sie vorweist, aber Generation Geil fährt halt nach Thailand, allein schon weil Begriffe wie Full Moon Party einem schon als Teenager das Blaue vom Himmel vorgaukelten. Einen jungen, mittellosen Backpacker locken jedoch moosige Felsen, glasklares Meer, Pad Thai und Feuerseil-Hüpfen in die Gegend, weil man mit wenig Geld für kurze Zeit König des Dschungels sein kann, ohne dass man sich Jahre lang die Finder wund arbeiten musste.


Im Nachhinein bin ich sehr dankbar, dass ich diesen Teil der Erde nun ebenfalls kennen lernen durfte. Geil (den Schön-Schreibern schmerzen bestimmt schon die Ohren) ist der Nachgeschmack dieses Reiseerlebnisses allerdings nicht.


Zu viel Müll türmte sich dort an den Ufern des Golfs von Thailand gleich einer Pyramiden-Landschaft auf und versaute einem (wortwörtlich) den romantischen Strandspaziergang. Wohinter sich zwar immer noch am Horizont malerische Wolkenspiele abzeichneten, das Paradies einem aber wohl eher nur noch den Mittelfinger zeigte. So kann Recycling eben auch interpretiert werden: Man schaffe all seinen Schund einfach zum Strand und der große Müllschlucker/ Ozean schafft ihn dann von selbst davon. Mit meiner eigenen Mülltrennung kann ich mich nicht gerade rühmen, doch meine Plastikflasche einfach in diese (eigentlich paradiesische Umgebung) zu pfeffern, kam mir dann doch irgendwie schäbig vor. Selbst wenn mir über mehrere Kilometer oft kein einziger Mülleimer begegnete.


Auch das Wasser glich nur selten dem funkelndem Türkis, dessen Transparenz einem bei Thailand-Recherchen das Internet ausschließlich angepriesen hatte. Selbst vor Fünfsternehotels schwappte meistens eine eher milchige Brühe, verziert mit dem Hafenabfall, träge an der Oberfläche treibend. Zu den berühmten Buchten brachte einen meistens nur ein Schnellboot, hinter dessen Auspuffen man in Nullkommanichts aus einem weißen, ein schwarzes Hemd hätte machen können. Und selbst hier, wo das Wasser noch durch seine Klarheit glänzte, gab es beim Schnorcheln nichts mehr zu sehen. „Riff ist tot…!“, erklärte man mir, als ich in einem Meer von Grau immerhin noch einen armseligen Clownfisch unter die Lupe bekommen hatte. Die Wasser-Temperaturen waren in der letzten Saison weit über das Ziel hinausgeschossen und hinterließen mir und meiner <Amazing snorkeling tour> nichts als eine Totenlandschaft.

Auf den zweiten Tauchgang verzichtete ich bereitwillig, da mein Magen mich seit Tagen gehörig zwickte. Viel Begeisterung verströmte allerdings selbst mein tauchwilder Freund bei seiner Rückkehr nicht: „Sei froh, dass Du nicht mitgekommen bist - ich glaube, wir waren in einer Kloake…“


Um das nicht gerade „geil“ zu finden, muss man kein passionierter Öki sein. Ausschlaggebend für mich war die Tatsache, dass einen auf dieser Reise durch Thailand oft ein Anflug von Traurigkeit überkam, welche mir im touristenreichen Australien an dessen blitzblanken Stränden so nicht begegnet war. Eine Trauer, welche die alten Zeiten besang, in denen sich nur eine Handvoll Backpacker auf die Inseln Thailands wagte und von Charter Reisen noch nicht die Rede war. Jetzt war man selber Teil dieses wahnsinnigen Spektakels, dieser Horde ausgeflippter Partyhühner, die Alk aus Eimern schlürfte und nachts im Neonlicht Chamäleons den Kopf tätschelte, mit Techno nur so zugedröhnt.


Thailand, das war einmal das Paradies. Noch immer scheinen seine farbenprächtigen Sonnenuntergänge einen trunken zu machen vor Schönheit und an manchen Stellen funkelt sein Golf immer noch so azurblau wie in der Raffaello-Reklame. Doch die Schönheit dieses atemberaubenden Fleckchen Erde bröckelt. Längst hat es sich der Besucher-Wolf mit seinen abenteuergeilen Augen unter den Kokosnuss-Palmen gemütlich gemacht (jene, die auch in meinem Gesicht auf dem Hinflug funkelten). Und er wird dieses Paradies auch weiterhin vergewaltigen, denn alles was der reichste Monarch der Welt tut, ist seinem verarmten (und demnach auf den Tourismus angewiesenen) Volke beim Planschen in der Kloake zuzusehen. Aber Mülltonnen könnten sie trotzdem mal erfinden...!



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