Tod dem Iphone
Das Versagen
meines Telefons beschert mir gemischte Gefühle. Es scheint, als sei ein Fluch gebrochen. Fragt sich, in wie weit wir uns ein Leben ohne Apple überhaupt noch vorstellen können?!
Wie es dort in Scherben vor mir liegt, ist es schon fast einem Kunstwerk ähnlich, mein wertes N°5, dessen Innenleben ich jetzt sogar von außen betrachten kann. Nun ist es also so weit, das gute Stück ist dahin und kein betrügerischer Vertrag verspricht mir himmlisches Neuland. Eigentlich ein Grund zur Trauer, befindet sich das Sprechgerät doch noch im frühkindlichem Stadium und feierte so eben erst seinen dritten Geburtstag. Hatte ich mir doch hoch und heilig versprochen, es zu lieben und zu ehren - in guten wie in schlechten Zeiten - und es nicht etwa versehentlich im Klo zu ertränken. Jetzt funktioniert es noch nicht mal mehr am Ladekabel (was mir mal wieder weismacht, wie einseitig Liebe doch sein kann). Vielleicht sollte ich mich einfach am Riemen reißen und ein neues anschaffen, Schwund ist schließlich immer und Moneten kommen und gehen. Aber will ich das überhaupt? Haben sich all die Versprechen, die einem dieser leuchtende Apfel anpries, eigentlich bewahrheitet?!
"Wo zum Teufel ist dein Telefon?!" schallt es aus aller Munde. "Tot" ist alles, was ich darauf antworte. Ebenso gut könnten sie mich fragen, wo ich heute morgen mein Hirn liegen ließ - sie würden nicht weniger besorgt klingen. Wenn mich Tel Aviv jedoch eins gelehrt hat, dann welchen gravierenden Vorteil Schrottkarren mit sich bringen - kein Kratzer lässt einen auf dem Parkplatz mehr in Staatstrauer verfallen. Wenn der Gebrauchsgegenstand Smart-Phone mittlerweile sogar unser Bett teilt, weshalb tragen wir ihn noch immer vor uns her wie ein Diadem?!
Wer nach Extravaganz, Individualität oder Exklusivität Ausschau hält, schlendert besser nicht in einen von Apple's schillernden Imperiums Stores, denn deren letzten Schrei findet man mittlerweile schon auf Grundschulhöfen repräsentiert. Das iPhone 4 meiner Freundin läuft noch wie ein Uhrwerk, ich hingegen muss beim Tippen Worte mit P vermeiden, da sich dieser Letter leider im toten Winkel meines Displays befindet. Zum Lichtschimmer werden in Zeiten wie diesen nur Schlagzeilen wie <Apple sponsert Republikaner wegen Trump nicht>. Immerhin.
Es ist mir egal, wenn ich mich anhöre wie eine Urzeit-Gewächs. Im Endeffekt werde ich mich dem Trend wahrscheinlich so oder so erneut beugen, schlicht und einfach weil das iPhone ein Segen für Faule ist und ich noch nie in meinem Leben eine Gebrauchsanleitung studiert habe. Aber jene Illusion, dass man mit seinem Besitz das Himmelreich der Smartphones betritt (so wie ich es mir vor meinem ersten iPhone ausmalte) liegt schon mit meinem N°5 begraben. Schuld daran ist nicht nur, dass die Teile gleich Waschmaschinen schon mit einem Verfallsdatum hergestellt wurden, sondern auch, weil sie einen so unfrei machen wie einen Porschefahrer. Der Moment, wenn man panisch in seiner Handtasche zu wühlen beginnt, es einen brühend heiß überkommt und dein Gesicht sich zu einer Grimasse verzieht, als sähe man dabei zu, wie einem Welpen das Fell über die Ohren gezogen wird, lässt einen jedes Mal um mindestens zehn Jahre altern.
Am Ende ist es doch nur ein Telefon/Gebrauchsgegenstand, der sich irgendwann abgenutzt haben wird. Das iPhone SE trägt mit 489€ zum Einkaufspreis den Titel "Billig-Phone" laut der Welt. Ebenso viel kostet mein Flug nach Bangkok, welcher (doch hoffentlich) zu einer echten Erinnerung mutieren und es eines Tages wert sein wird, meinen Enkelkinder davon vorzuschwärmen. Aus meiner Handfläche gleiten und nachträglich mit der berühmten Spider-App oder einem Wackelkontakt auf irgendeinem Sperrmüll in Afrika landen, wird eine solche Investition schließlich nicht. Ein iPhone, ob 5,6, oder 7 ist auf kurz oder lang vergessen.