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The Beauty Myth


Von wem

werden wir eigentlich angehalten, schön zu sein? Glaubt man dem neusten Schrei des Feminismus - der Industrie! Oder suchen wir bloß nach Ausreden, weshalb Männer immer noch die Welt regieren?!

"Beauty is a currency system like the gold standard“, schreibt Amerikas gefeierte Emanzipierte, Naomi Wolf, deren Buch The Beauty Myth 1990 eine hitzige Debatte unter uns Damen entfachte. Schuld an allem seien selbstverständlich wie eh und je die Männer, nur hätten sie dieses Mal noch die tatkräftige Unterstützung der Medien parat. Der Begriff Beauty Myth stelle laut seiner Verfasserin nichts als den Kampf der Geschlechter dar und treibe die psychische und physische Unterwerfung der Frau voran. An dieser Stelle sieht man die Brauen bereits erhoben. Was zum Henker soll nun das?!


Wirft man einen Blick zurück und lässt die Historie der Massenmedien Revue passieren, stellt sich insbesondere eine Frage <Waren sie den Frauen immer freundlich gesandt?!>. Eher nicht! Wenn Madame nicht gerade Werbung für Putzmittel, Kochutensilien oder Medizin machte, diente sie der Branche noch als Möbelstück oder Sexobjekt - mit Leib und Seele auf den Schutz des Mannes angewiesen. Auf der Kino-Leinwand sah das nicht anders aus. „The image of the woman was created to serve the defense mechanism of men against castration“, behauptet Laura Mulvey (ebenfalls Feministin, allerdings aus England). Gründe für jenen Vorwurf fand sie genug. Angefangen beim Einheitslook der Filmdiven, der einzig und allein von blutjungen Wespentaillen geprägt war. Hinzu kam, dass vor den Sechzigerjahren nur Ausschnitte des weiblichen Körpers und nie die ganze Frauen gezeigt wurde. Sie war hübsches Beiwerk - mehr aber auch nicht.


Zurück ins Zeitalter der Digitalisierung! Schön ist heutzutage vor allem dünn, oder politisch korrekt ausgedrückt, sportlich! Als Ideal kommen hierbei beispielsweise die sagenumwobenen Victoria’s Secret Engel auf den Tisch, welche immerhin nicht wie der Rest der Modewelt auf Stöckerbeinen durch die Weltgeschichte staksen, aber doch immerhin satte vier Stunden Sport am Tag betreiben, um ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Na, was sagt uns das?


Noch ehe man ersthaft darüber debattieren könnte, hat uns die kürzlich erstandene Modezeitschrift längst die Lösung ins Ohr geflüstert: „NICHT GENUG, NICHT GEnug, nicht genug…..!“ Während sich noch leise Empörung in einem breit macht, verlieren sich die eigenen, sehnsüchtigen Blicke längst in Kosmetik-Reklamen <So bleiben sie ewig jung>, den neusten Designerkollektionen und das dreihundertste Rezept für Quinoa, neben der fünfhundertsten Bauch-Beine-Po-Übung. Zweifellos haben wir alle Hände voll zu tun, um dem Ideal zu entsprechen, um „mit uns ins Reine zu kommen“, unser „volles Potential“ auszuschöpfen. Wie viel Zeit nach vier Stunden Power-Fitness mit Mr. Personal Trainer und der Gesundheitsküche, einem ausgedehnten Beauty-Spa-Programm, Friseur und der Jagd nach der schönsten Jeans noch zum Geld-Verdienen, oder anderen unwichtigen Nebenfaktoren wie Freunde und Familie übrig bleibt, fragt mich bitte nicht. Naomi Wolf jedenfalls lächelt selbstbeflissen in sich hinein, denn sie hatte wohl oder übel Recht - die Beauty-Falle hat längst zugeschnappt.

Was genau meint sie damit?! Antwort: Politisches und wirtschaftliches Interesse. Wir Frauen sind einen weiten Weg gegangen, aber wir sind noch nicht ganz angekommen. Die Waage zwischen Führungspositionen, Gehältern und der Gleichberechtigung halten wir noch nicht. Stattdessen haben wir uns kurz vorm Ziel mit Make-Up-Anleitungen und zuckerfreien Cup-Cakes auf den Holzweg führen lassen, anstatt zur Spitze des Eisbergs zu streben. Über dem puren Narzissmus vergaßen wir sozusagen die Revolution. So viel von Naomi Wolf.


Ist dem so, frage ich mich und werfe dem mehrfach retuschiertem Cover-Model meiner Vogue einen argwöhnischen Blick zu. Kann man nicht auch beides, eine Karriere und den perfekten Body haben?! Weibliche Reize sollten wohldosiert doch auch als Waffe einzusetzen sein? Nur weil ich mir die Beine nicht rasiere, bin ich doch nicht automatisch emanzipiert?! Ein tolles Auftreten hilft in erster Linie doch meinem Selbstwertgefühl und das wird in Hinsicht Karriere doch als A & O gehandelt. Jetzt bin ich erst recht verwirrt.


Doch Naomi Wolf und Laura Mulvey haben sich in meinen Gedanken festgekrallt. Als säßen sie auf meiner Sofakante und tuschelten über meiner selbst, während ich mich vor dem Spiegel für die Uni zurecht mache. „Weißt Du,“, sagt Naomi W. zu Laura M., „für Mädchen muss es wichtiger sein, unter die Haube zu kommen, als ihre feminine Aura... unter dem Chefsessel zu begraben!“ Genervt drehe ich mich zu ihnen um und widerspreche wie ein bockiger Esel: „Ihr Schachteln seid im falschen Jahrzehnt hängen geblieben, heute haben wir eine Bundeskanzlerin!“ Aber den zwei ist das fiese Grinsen nicht aus dem Gesicht zu wischen.


Vielleicht haben sie recht, vielleicht auch nicht. Ein Fünkchen Wahrheit steckt in ihren Thesen nur leider doch. Schließlich haben wir Frauen uns jeher nach dem diktierten Schönheitsideal gerichtet. Ob wir uns nun zur Üppigkeit breit schlagen ließen wie zu Barock-Zeiten, als Fett als Zeichen von Wohlstand und Reichtum galt, die Sanduhren-Form Marilyn Monroe’s annahmen, oder den spindeldürre Twiggy-Look kopierten - wir ließen nichts kalt. Und da sind sie wieder, die zwei Gewitter-Hexen und ziehen einem vor dem Spiegel den Lipgloss aus der Hand: "Anstatt vier Kilo Lippenstift pro Jahr zu essen, misch dich doch vielleicht lieber in wichtigere Angelegenheiten ein!"








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