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Einzelkind Germania

Kinderarmut ist Deutschlands neuer Familientrend.

Warum lassen wir es trotz bester Voraussetzungen bleiben und werden immer mehr zum Rentnerverein? Kinderkriegen scheint nicht mehr in Mode zu sein!

Wenn man durch die Straßen und Parklandschaften Tel Avivs streift, erfüllt Kindergeschrei die Luft. Spielplätze von gigantischer Größe und ultramodernen Designs säumen die Passagen und den landesweiten Babyboom symbolisierend, schieben Scharen von jungen Frauen Kinderwagen vor sich her. Tel Aviv ist mit seinem Altersdurchschnitt von 27 Jahren nicht nur eine blutjunge, sondern auch eine nachwuchsvernarrte Stadt. Wendet man den Blick nach Deutschland, ist der Unterscheid verheerend. Hier heißt es nicht mehr Vorsicht, Schulkinder!, sondern Vorsicht, Altenheim!. Es scheint, dass ich erst nach Israel kommen musste, um zu begreifen, wie vergreist meine Heimat schon ist. Doch woran liegt das? Weshalb verzichten deutsche Frauen mehr und mehr auf Nachwuchs und weshalb schaut die Politik nahezu tatenlos zu?


Zugegebenen, der perfekte Augenblick für ein Kind wird nie kommen. Die Spanne, in der man von einer Frau Nachwuchs erwartet, ist um genau zu sein so groß wie ein Nadelöhr. Das Abstruse dabei ist, dass es zwei Formen von Dramen bereithält.

Einerseits den Fall der versehentlicher Schwangerschaft, bei der Eltern und Freunde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und einstimmig Viel zu früh!! klagen. Oder, wenn die biologische Uhr zu ticken begonnen hat, doch keine hormonelle Therapie oder dergleichen mehr anschlägt. Wenn die Diagnose Zu spät lautet. Doch muss man sich darüber wundern? Nicht im Geringsten!


Zwar werden wir von Jahrhundert zu Jahrhundert immer älter, doch die weibliche Fruchtbarkeit ist diese Entwicklung nur zögernd mitgegangen. Abgesehen von den heutigen Möglichkeiten von Hormon-Therapien bis künstlicher Befruchtung, ist und bleibt es für eine Frau Anfang 20 einfacher, auf natürliche Weise schwanger zu werden als mit Ende 30. Dass sie zu Empire-Zeiten in ihren Vierzigern schon als alt bezeichnet wurde, hat seine Gründe, denn sie setzte mit großer Wahrscheinlichkeit kein Kind mehr in die Welt. Stattdessen kann man davon ausgehen, dass sie mit fünfzehn den Bund der Ehe einging und sich fortan voll und ganz der Familienplanung widmete.

Der Entwicklung sei Dank, ist der Frau von heute eine Jugend gegeben und das Gebären von Kindern stellt nicht mehr ihren einzigen Nutzen dar. Sie muss nicht befürchten, von jedem Liebhaber ein Kind zu erwarten, denn gegen Nachwuchs schluckt man inzwischen Pillen. Und mit Mitte 30 gehört sie nun wahrlich nicht mehr zum alten Eisen, denn es gibt genügend Tips und Tricks, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen. Zum Beispiel seine Eierstöcke einfrieren zu lassen. Was dabei raus kommt, wird man eines Tages sehen.


Neben der höheren Lebenserwartung, neuen Definierung der Jugend und dem medizinischem Fortschritt steht dem Kinderkriegen besonders eins im Weg:


Die Emanzipation der Frau.


Während sich der Mann unversehrt über alle Berge machen kann, bleibt eine Frau (ob sie nun will oder nicht) auf einem Fötus sitzen. Wenn sie obendrein über keine finanziellen Mittel verfügt, kann sie sich gleich im Armenhaus einschreiben, denn Kinder fressen bekanntlich Geld wie Kühe Heu. Eine Karriere anzustreben und im Notfall auf eigenen Beinen stehen zu können, ist daher äußerst vernünftig. Doch angefangen bei der Berufswahl nimmt die Kinder-Crux ihren Lauf - welcher Beruf ist denn nun wirklich gut mit Kindern zu vereinbaren? Die Auswahl lässt sich an einer Hand abzählen. Beamtenstellen, wie vielleicht noch ein, zwei andere Berufe wie Hausarzt, oder sogenannte Home-Offices erlauben Arbeitszeiten, bei denen man etwas früher als andere nach Hause und so die eigene Brut noch lebendig und nicht gerade schlafend erleben darf.


Auch wenn das viele Frauen heutzutage nicht mehr zugeben können - die meisten Karriereleitern sind mit Kindern am Arm äußerst schwer zu erklimmen. Das hat einen simplen Grund, denn die (trotz Frauenquote) erdrückende Konkurrenz ist momentan vor allem eins: Männlich. Was nicht heißt, dass Frauen weniger Grips besäßen. Vergleicht man jedoch am Arbeitsplatz die Geschlechter eins zu eins, musste sich in den meisten Fällen sie zwischen einer Karriere und einem Familienleben entscheiden. Genau in diesem Moment höre ich die Feministen gellend verneinen, denn das gehört im 21. Jahrhundert zum guten Ton. Doch wenn man mal ehrlich ist, liegen die Fakten auf der Hand. Muss ein Mann seine sechsköpfige Familie gegen seine Karriere abwägen? Nicht im Geringsten! Er wird dazu sogar noch angehalten, da man es lange für selbstverständlich hielt, dass er das Geld ranschafft und sie zuhause das Kind stillt.


Im Gegensatz dazu steht der modernen Frau eine großen Herausforderung bevor und sie kann sich nur glücklich schätzen, dass sie heutzutage diese Entscheidung treffen darf (vorausgesetzt das Budget kommt ohne ihre Unterstützung aus!). Sie kann sich also wie ein Mann verhalten und die Kinder den ganzen Tag in eine Kita, zu einer Nanny oder dergleichen stecken. Auf diese Weise hat sie die besten Chancen, im Rennen um die Vorstandsposten mitzuhalten. Oder aber sie beschließt, in den verhältnisweise kurzen 20 Jahren (eher gesagt 15, denn Teenagers wollen in diesem Alter eher weniger von ihren Eltern wissen) etwas mehr von ihren Sprösslingen mitzubekommen. Dafür nimmt sie Halbtagsstellen und kürzere Gehälter in Kauf und plant vielleicht nicht gerade Bundeskanzlerin zu werden.

Weshalb ich einen Unterschied zwischen ihrem und seinem Familienleben mache, wenn doch beide einen Vollzeitjob und Karriere haben können? Nun ja, eine Familie wird schließlich nicht vom Storch gebracht und einen Tag nach der Geburt landet ein Baby auch nicht in der Kita. Wer sich eine Großfamilie wünscht, setzt voraus, dass seine Frau ihre Berufslaufbahn mehrmals unterbricht - was die Aufstiegschancen offensichtlich nicht optimiert.


Und dann gibt es natürlich noch Superwomen wie Madonna, die einfach alles schaffen. Eine Mords-Karriere, Mann (zwar wechselnd, doch immer präsent) Musterkinder, und eine Millionenköpfige Fan-Gemeinde. Nebenher jettet sie um die Welt und betreibt ganz nebenbei noch Charity in Afrika. Klar ist das möglich. Kinder halten einen im Zweifel nicht von großen Sprüngen ab, besonders wenn Madame es erstaunlich früh und am besten noch über Nacht zu etwas bringt. Und, wenn drei Nannies rund um die Uhr für sie rennen.


Nicht zu vergessen bleibt aber, Karriere, egal welche, erzwingt viel Arbeit und nicht jeder thront schon vor seinem 35. im Chef-Sessel. Doch wenn man erst mal kurz davor ist, schmeißt man dann mit Freuden all seine jahrelange Schweißarbeit hin, um sich fortan mit schlaflosen Nächten herumzuquälen und Hip-Gläschen aufzuwärmen?! In Deutschland tun es viele der weiblichen Liga nicht mehr. Zur großen Freude der Arbeitgeber, denn mit einer solchen Lebensentscheidung entfleucht ihnen die Angestellte nicht vier mal hintereinander in Mutterschutz. Sie einzustellen, war also nicht von Nachteil.

Immer lauter werden auch jene Stimmen, die die Arbeit einer Hausfrau für nichtig halten und ihren Job für überflüssig. Es ist jedoch legitim, sein liebstes Gut in die Hände wildfremder Menschen zu geben (welche im klassischen Au-pair-Sinne oft noch nicht mal die Sprache des Kindes richtig beherrschen) und ihnen für haargenau die gleichen Aufgaben wie Kochen, Hausaufgaben-Betreuung usw. einen Lohn auszuzahlen. Gestützt wird diese These von der Politik, die ihre Familienfreundlichkeit mit den Kürzungen von Betreuungs-Geldern zur Geltung bringt. "Eine Kind bekommt in einer Kita besseren Zugang zu Bildung!" - mal sehen, ob wir demnächst zwischen dem 15. Monat und dritten Lebensjahr lesen lernen...

Offensichtlich will der Staat die Frau lieber am Fließband stehen haben, als dass sie sich der Erziehung der neuen Generation bzw. Zukunft Deutschlands widmet. Lächerliche 1,38 Kinder pro Familie bringt das zur Zeit hervor und selbst wenn man es großartig totschweigt - früher, oder später werden wir ein Problem damit haben.


Israel ist um Grunde alles andere als kinderfreundlich. Von "Wahnsinnigen" (wie sie behaupten) umzingelt, ist vor allem durch die problematische Gaza-Politik ständig mit Massakern im öffentlichen Leben zu rechnen. Kinder werden nach der Schule nicht in die Welt hinaus geschickt, sondern fristen Jahre in Militärkasernen. Die Mietpreise sind in den letzten Jahre derartig in die Höhe geschossen, dass hunderter Zelte im letzten Sommer das Zentrum Tel Avivs belagerten und zum landesweiten Protest aufriefen. Außerdem kristallisiert sich mehr und mehr der Trend von Privatschulen heraus. Doch trotz allem platzen die Kindergärten aus allen Nähten.


Weshalb nicht in Deutschland?


Weshalb nicht in einem Land, in dem eine Ausbildung zu 100% vom Staat finanziert wird, das weder von Armut, noch Naturkatastrophen heimgesucht wird und in dem es sich mit wenig Geld noch halbwegs nett leben lässt??! Wir haben vom Gesundheitssystem bis zum Kindergeld alles, was man sich als Eltern nur wünschen kann und trotzdem ist Kinderkriegen so unattraktiv wie nie zuvor. Die Süddeutsche Zeitung begründete dies aufgrund der "schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft", doch auch "die fehlende gesellschaftliche Anerkennung" trage ihren Teil dazu bei. Eine politisch angebrachte Maßnahme wäre es dann vielleicht mal, Steuern für Kinderlose einzuführen. Mütter grenzen sich schließlich oft nicht nur in ihren Karriere-Chancen ein, im Gegensatz zu kinderlosen Vollberufstätigen tragen Familien auch höhere Kosten. Und das alles nur, um dem Heimatland seine nächsten Steuerzahler zu schenken.


Vielleicht ist es nicht immer sexy, auf Spielplätzen abzuhängen und Wutausbrüchen an der Supermarktkasse zum Opfer zu fallen. Doch weit aus weniger sexy ist eine komplett vergraute Bevölkerung, die von ein paar kläglichen Einzelkindern gestützt werden soll. Ständig beschweren wir Deutsche uns über Rentner, die nicht Autofahren können und Ausländer, die bei uns arbeiten wollen. Weder der Rentner kann etwas dafür, dass er bald in der Mehrzahl liegen wird, noch der Asylbeantragende, dass Deutschland aus Kindermangel auf andere Arbeitskräfte zurückgreift. Doch die Frau, die sich dem Familienstress und der nächsten Generation versagt, wird als toughe Ikone gefeiert.


Doch wer weiß?! Vielleicht gehören wir Deutsche bald wie die Maya und Azteken der ausgestorbenen Spezies an. Davor bekomme ich allerdings noch 1,38 Kinder - oder doch lieber ein paar mehr.



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