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Dass sie nicht lachen... Ein Künstler!

Wer heute Künstler werden will, hält gepflegt die Klappe. Warum viele von ihrem Vorhaben nichts erzählen, wo es doch alles zu wagen gilt.

Dort, wo ich herkomme, gibt es Manager wie Sand am Meer. Aber auch die Götter in Weiß, Bankiers, Juristen und Seelenheiler halten ehrgeizig die Stellung. Kurzum finden sich Spezialisten in jedem Gebiet, sei es die Pilates-Ikone oder der private Hundepsychologe. "Na, was möchtest Du denn mal werden?!" fliegt jungen Menschen aus aller Munde die entscheidende Frage an den Kopf. Die Antwort ist meistens die selbe, Wohlstand und Reichtum, bloß anders verpackt.


Nie zu Ohren bekommt man hier jedoch Sätze wie "Ich will mich der freien Kunst widmen", oder "Ich werde mein Glück in Hollywood versuchen!". Auch die Aussage "Ich will schreiben!", oder "singen" lassen für gewöhnlich Mamá & Papás Alarmglocken schrillen, denn Nägel mit Köpfen macht eher der Zahnarztsohn - aus dem wird ja was Richtiges! Aber wollen wir alle das Richtige? Eifern unter uns keine kreativen Seelen mehr nach Erfüllung? Oder hat unsere realitätsnüchterne Gesellschaft die Künstlernatur bereits im Keime erstickt?!


Zu Schulzeiten war es meine Stufe, die genau diesen Eindruck erweckte. Wenn doch nicht einfallslos, so fanden sich unter 250 Schülerlein kein einziger Schauspieler, auch keine zukünftige Rockerlegende (geschweige denn einer Band), kein karriereorientierter Fotograf, oder eine begnadete Ballerina und schon gar niemand, der den Sprung in die Malerei wagen wollte. Als das Ende meines verschmähten Kunst-Profils nahte und wir unsere Malkreide wieder zusammenpackten, fragte Madame K. mit leuchtenden Augen: "Und wer von euch macht sich jetzt eine Mappe??" In anderen Worten, wird sich samt Malpinsel in die Uni bewegen. Es herrschte betretenes Schweigen, nicht eine Hand flog in die Luft.


Talent war & ist keine Mangelwahre. Ständig läuft einem der ein oder andere Kunstschaffende über den Weg. Ob er in freier Minute nun vielversprechend in sein Notizbuch scribblet, mit seiner GoPro kontroverse Kurzfilme fängt, oder kocht wie ein Gourmet. Natürlich handelt es sich um ungeschliffene Diamanten - niemand ist von heute auf morgen eine Leuchte. Doch meistens scheitert es schon beim Outing großer Pläne. Wer Preis gibt, sich eines Tages einen Namen machen zu wollen, wird mir nichts, dir nichts schräg angeguckt. Nach welchen Sternen greifst Du denn?! oder "Na dann viel Glück...!" denken sich 90% der normierten Zuhörer, gelangen Plänen wie "Ich werde Sängerin!" an ihre Ohren.

Ein Ziel

ohne Plan

bleibt nur ein

Wunsch

Was bleibt, das bleibt. Auch die Frage der Notwendigkeit wird sich niemals erübrigen, wer in unserer reizüberfluteten Welt denn jetzt auch noch deine Prosa benötigt, oder das x. vegane Kochbuch. Doch eigenartiger Weise stellt man das immer als erstes bei den Kreativen in Frage, dieses Totschlagargument "Wer bracht das denn noch", wenn man ihnen nicht gleich Geltungssucht unterstellt. Ebenso nervig können jene sich allerdings selbst aufführen, rümpfen sie über den Juristen die Nase. "Nicht Du auch noch" ist hier ebenso fehl am Platz wie andersherum.


"Ich will unbedingt eine große Schauspielerin werden!!" schrieb Romy Schneider blutjung in ihr Tagebuch, als noch keine einzige Rolle in Aussicht stand. Ebenso zielstrebig konzentrierte sich Ernest Hemingway von Anfang an auf die Geburt seines legendäres Schriftsteller-Egos. Egal welche kreative Ader in einem pocht, und egal, wie man sie verwirklichen will, man muss es ohne Hintertür tun. Wer schnell mit Plan B liebäugelt, wird nie ein wahrer Künstler.



"Erfolg hat drei Buchstaben: TUN!"


(Johann Wolfgang Goethe)



Auffällig selten verträgt sich ein solches Vorhaben mit Intellekt. Händeringend werden inzwischen Lehrlinge für Handwerksberufe gesucht, denn wo sich früher noch jeder zweite für eine Ausbildung entschied, ist es heute nur noch jeder vierte. Natürlich freuen sich Eltern, wenn ihr Kind das Abitur erlangt und zu den 77% gehört, die hinterher an der Universität nach Höherem streben - wer sich nicht freut ist das duale System. Das geht so weit, dass man mittlerweile schon Lebensmitteltechnik, oder Physiotherapie studiert, obwohl eben hier die Praxiserfahrung einer Lehre wahrlich Sinn macht. Besonders den Handwerkern geht der Nachwuchs flöten. Denn selbst wenn der Sprössling eines Philosophie-Professoren Talent im Handwerk erwiese, so wird er vermutlich doch eher Ingenieurwesen studieren, als eine Tischler-Karriere einzuschlagen. Verdenken kann man es ihnen nicht, doch wer, wenn nicht Roboter, sollen uns in Zukunft die Möbel zusammen zimmern?!


Dennoch befindet sich Deutschland samt seiner Künstlermetropole Berlin noch am oberen Ende der Fahnenstange. Hier, wo es sich günstig und doch reich an Kultur zu leben lässt, finden sich mehr und mehr Kunstschöpfer aus aller Welt ein, denn für Träume ist dort noch Platz. Anders sieht es fast überall auf der Welt aus, wo Universitäten Familien veranlassen, ihre Häuser zu verkaufen, oder sich Studenten frühzeitig einen Berg Schulden aufladen. Logisch, dass man sich dann besser einen Beruf angelt, der mit Sicherheit Geld abwirft!!


Zum Glück müssen wir Deutsche uns darum keine Gedanken machen - nicht nur, meine ich! Ein weiterer Grund, sich frühzeitig für seine Träume einzusetzen und sich seine Wunsch-Karriere zu ermöglichen. Und wo Leidenschaft herrscht, werden auch Lorbeeren sprießen. Deshalb sperrt die Münder auf, denn nicht minder selbstbewusst geht den anderen "Jura", oder "Betriebswirtschaft" über die Lippen. Warum sollte man sich also die schönen Künste vermiesen lassen?!


Bilder:

Maria Aparicio


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